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Zwischen Windeln, Muffins und Latte Macchiato. Heute: Die Mutter und Hausfrau

Jobcenter – Versuch einer Anthropologie der modernen Berufswelt

Der Sohn übernimmt das Geschäft? Die Tochter heiratet? So einfach ist es schon lange nicht mehr! In Zeiten von Fachkräftemangel, Demographie- und Klimawandel weiß der Berufseinsteiger von heute oftmals nicht mehr, wo es einmal hingehen soll. Nicht jeder kann Popstar oder Plagiator*in werden. Deshalb haben wir es uns zum Ziel gesetzt, Alternativen aufzuzeigen. Wir haben uns mit Vertretern der verschiedenen Berufsgruppen unterhalten, vom Fitnesstrainer bis hin zum Friseur. Bei uns kommen sie unzensiert, ungeschönt und nicht ganz ernst zu nehmend zu Wort. Ja! so ist es und nicht anders!


Heute: Die Mutter und Hausfrau

Mein Name ist Tina Sauer, und ich kann mir den Tag komplett frei einteilen. Keiner, der mich rumkommandiert, keine stressigen Deadlines, kein zeitraubender Achtstundentag zwischen Büro, Meetings oder brennenden Häusern. Wann immer mir danach ist, kann ich eine kleine Pause einlegen, die Beine hochlegen, es mir auf dem Sofa gemütlich machen oder mich mit Freundinnen auf einen Latte Macchiato treffen, oder wie jetzt einfach zwischendurch ganz in Ruhe einen Kaffee trinken! So, da hätten wir die Mokkaka... „Uli? Sag mal, dein Strampler ist ja an den Beinen ganz cappuccinobraun! Mei, da müssen wir dich doch rasch go wickeln!“ Den Body können wir dann natürlich auch gleich in die Wäsche schmeißen, und wo ich gerade dabei bin machen wir rasch eine Waschmaschine an. Der Wäschekorb quillt über. Erstmal sortieren. 60 Grad, dank des Malheurs. Der Mülleimer im Bad ist voll und riecht, wie soll ich sagen, nicht gerade nach weißem Flieder, eher nach sauer gewordener Milch. Genau, Kaffee wollte ich in Ruhe trinken. Arabica. Die Bialetti, erstmal den Trester rausklopfen. Klar, der Biomüll müsste auch mal wieder rausgebracht werden. Diese Fruchtfliegen übera...„Nein, Uli, doch nicht auf den Küchenboden! Nein, nicht weinen! Ich habe es verstanden, du spielst Bauernhof! Huch wie süß! Eierschalen, Gemüsereste, das hast du alles fein um dich herum und auf dich drauf verteilt! Ist ja allerliebst!“ Ich bemühe mich in Attachment Parenting und in gewaltfreier Kommunikation, deswegen nicht wundern. So, die Kanne steht auf dem Herd. Platte voll aufdrehen, damit es schneller geht. „Mein Süßer, kleiner Ulini! Gugu! Gaga! Aber was muss ich da sehen? Au Backe, das Fenster steht immer noch offen!“ Es sprudelt. Die Milch kocht über. „Matti, komm sofort runter vom Fenster! Sofort, habe ich gesagt! Das war aber knapp, ist gerade nochmal gut gegangen. So, so ist's fein.“ Matti klatscht begeistert in die Hände: „Mama, backe, backe!“

Ja! so ist es und nicht anders! Ich rufe meinem Liebling „Geh schonmal in die Küche und hol die Muffinförmchen!“ zu, denn ich habe es ihr versprochen. Matti heißt mit vollem Namen Justine Marie Kim Beatrice Elisabeth, aber wir nennen unseren goldlockigen Sonnenschein nur Matti, denn meist habe ich, wie jetzt, nicht die Zeit – „halt, Uli, nicht noch ins Wohnzimmer mit dem ganzen Biomüll! Das Mehl bleibt da, wo es ist, Matti! Wir backen nachher, versprochen! Nein, nicht jetzt! Später habe ich gesagt! Erst muss Uli in die Badewanne, die Haare sind verklebt, dann nur noch rasch den Fußboden putzen, Wäsche aufhängen und in Ruhe Kaffee trinken, dann noch der Zoomcall mit dem Museumsdirek ... Nein! solange geht ihr nicht in die Küche!“ Sorry, war kurz abgelenkt: Ob Schneesturm mit Weißmehl mitten im Sommer oder ein unter Wasser gesetztes Badezimmer im Winter – Mamasein ist eine abwechslungsreiche, freie Arbeit. Frei von Zeit und Geld vor allem. Wenn mir mal alles zu stressig werden sollte, dann gehe ich back to the Feuerwehr, denn da geht es wenigstens ruhig und geordnet zu.






Zur Erklärung: In dieser Geschichte geht es um eine Mutter mit zwei kleinen Kindern, Matti (3 Jahre) und Uli (1,5 Jahre). Ihr momentan größter Wunsch ist es, einmal in Ruhe einen Kaffee zu trinken.

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